Das Ruhrgebiet im Brennpunkt
Klaus-Peter Busse
Der amerikanische Künstler Robert Smithson im Bottroper Quadrat
Man kennt Robert Smithson nicht unbedingt. Sein Name klingt nicht wie der Ruf der Helden in der Kunstgeschichte. Aber sein Beitrag zur Entwicklung der Kunst war so wichtig wie ihre Blicke auf die Welt zuvor. Robert Smithson räumte kräftig auf:
Er zeichnete Grundrisse verlassener Hotels in Mexiko, die er zuvor besucht hatte, fotografierte den Raum an Bahnstrecken seiner Heimat an der amerikanischen Ostküste und verwandelte mit einem Bagger ganze Landschaften. Er reiste, untersuchte fremde Orte und machte seine Erkundungen zu einem künstlerischen Ereignis. In einer berühmten amerikanischen Kunstzeitschrift forderte er einen neuen Kunstbegriff, der sich von dem gewohnten Erlebnis im Museum und in den Kunststädten abwenden sollte. Fahrt nicht nach Rom, um die Museen und Kirchen zu besuchen, sondern schaut euch die Peripherien an: Landschaften am Rand der Sehenswürdigkeiten. Das ist heute wieder aktuell: lost places.
Es ist klar, dass die Ergebnisse seines Denkens und künstlerischen Handelns befremden, sieht man sie im Museum (neben den Werken von Josef und Anni Albers in Bottrop): Haufen mit Erde, schwarzweiße Fotos, Vitrinen mit Briefen. Robert Smithson räumte auch mit dem auf, was man in einem Museum zeigen sollte.
Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung sind also aufgerufen, die Geschichten zu rekonstruieren, die hinter den Bildern und Skulpturen stehen. Das gelingt mit den Wandtexten und Dokumenten sehr gut, und diese Geschichten sind richtig spannend.
So reiste Robert Smithson am Ende der 1960er-Jahre auf Einladung eines Galeristen nach Oberhausen, um das Gelände der Gutehoffnungshütte zu besichtigen und zu untersuchen. Er arbeitete dabei mit Karten und machte Fotos, die er in Collagen zusammenführte. Die Hüttenanlage war für die Stadt ein sehr wichtiger Ort, und heute steht dort das Centro. Man blickt tief in die städtische und industrielle Vergangenheit, von der bestimmt vieles heute vergessen ist. Smithson sammelte auch das Material, das er dort fand, und legte es in Behältnisse.
Insgesamt gesehen, zeigt die Ausstellung nicht nur hier Fundstücke einer Region, die zu Metaphern für eine vergangene Zeit geworden sind. Deswegen ist die Ausstellung auch für Kinder und Jugendliche interessant, die durch ein kluges Begleitprogramm geleitet werden. Die Kunst Smithsons ist heute ein Blick gegen das Vergessen und Übersehen.
Aber auch an andere Orte in Europa reiste der Künstler, in die Nachbarschaft nach Essen, in die Niederlande und nach Rom.
Immer hatte er seine Pläne dabei, die in Zeichnungen und anderen Dokumenten festhielt. So konnten die Kuratoren und Kuratorinnen der Ausstellung die Werke, die an diesen Orten entstanden, in mühevoller und aufwändiger Arbeit rekonstruieren.
Darauf sind Museen heute angewiesen, wenn Happenings, Performances und künstlerische Aktionen historisch geworden sind und neu hergestellt werden müssen. Man nennt solche Arbeiten Reeventments. Und die Ausstellung geht noch einen Schritt weiter: Revisiting nennt der Künstler Markus Karstieß seine Reisen und Auseinandersetzungen mit den Orten von Robert Smithson.
Es ist bewundernswert, wie ein Künstler diese Orte sucht, findet und wieder belebt. Neben den kunsthistorischen Annäherungen an das Werk wagt das Museum Quadrat einen künstlerischen Zugang, der die Aktualität des historischen Werks belegt und in einen erfrischenden Zusammenhang stellt. So gewährt die Ausstellung sehr unterschiedliche Blicke auf ihr Thema. Vergangenheit und Aktualität vereinen sich in einem genussvollen Panorama. Die vielen Spiegel leisten ihren besonderen Beitrag:
Man sieht seine Beine und Füße. Man ist in Bewegung – wie Robert Smithson es war, um die Orte und Landschaften auch in ihren vermeintlichen Beiläufigkeiten zu erkennen, die häufig genug wichtig sind, um die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
Die Ausstellung läuft noch bis zum
22. Februar 2026!

