von Lothar Adam

Ausstellung über Eija-Liisa Ahtila im Lehmbruckmuseum

 

   The House, 2002

Worum geht es Eija-Liisa Ahtila?

Es geht um Irritationen, um das Säen von Zweifeln an der Sicherheit der eigenen Wahrnehmung bezüglich des Wahrgenommenen. Die multimedialen Rauminstallationen der Künstlerin können uns eine Ahnung von anderen Erfahrungs- und Wahrnehmungswelten (z. B. von psychotischen Frauen, aber auch Tieren) geben. Hinter diesem Bemühen steht die Einsicht, dass im Angesicht der ökologischen Katastrophen ein verändertes und veränderndes Denken und Handeln auch eine Veränderung der Wahrnehmung einschließen muss. Die Künstlerin versucht mit einer neuen filmischen Bildsprache unsere dominante Position beim Herstellen und Betrachten von Filmen zu relativieren.

In ihrer jüngsten Installation „Potentiality For Love“ geht die Künstlerin noch einen Schritt weiter, indem sie den Betrachter bzw. Teilnehmer mittels einer Rauminstallation befragt, inwieweit es ihm möglich ist,  vor dem Hintergrund einer erfahrenen Liebesbeziehung (zwischen Kind und Mutter im Uterus) die Liebe auch auf andere Lebewesen (konkretisiert in einem Affen) zu übertragen.

Das Gesagte könnte den Eindruck erwecken, dass nur vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen die Ausstellung  verstanden werden können. Dieser Eindruck wäre falsch: Obwohl die Künstlerin auf eine grundsätzliche Kritik an  unserer Wahrnehmung abzielt, ist es nicht allzu schwierig, Intention und Aussage der jeweiligen Installation zu verstehen.

Selten ist mir auf so anschauliche, nachdenkliche und zugleich unterhaltsame Art und Weise die Subjektivität der eigenen Wahrnehmung durch die Installationen von Ahtlila bewusst gemacht worden.

Der Schlüsselbegriff des Titels der Ausstellung „Posthumanismus“ deutet an, dass für die Künstlerin dem Menschen nicht mehr eine besondere Stellung als Spezies zusteht, er somit auch kein Recht hat, die Natur zu zerstören. Das Ziel der Produktionen von Ahtila ist darum u. a. auch das Aufzeigen von Bildwelten, in denen nichtmenschliches Leben sichtbar wird. Deutlich wird diese Intention in  der  Installation „Studies on the Ecology of Drama“, von der du eine einen kurzen Videoausschnitt sehen kannst.

Stell dir vor: Du sitzt in einem abgedunkelten Raum, in dem auf vier großen Leinwänden, die im rechten Winkel zueinander stehen, unterschiedliche Videos  zu sehen sind. In den Videos ist vom selben Standpunkt aus die Gegend in unterschiedlichen Richtungen zu sehn. Die gesprochenen Texte werden in Form von Untertiteln als deutsche Übersetzungen auf allen vier Wänden gleichzeitig eingeblendet. Du bist spätestens dann als Zuschauer gezwungen, deine Sitzposition zu verändern, wenn die Hauptperson z.B. eine Leinwand verlässt und auf der nächstliegenden wieder auftaucht.


https://youtu.be/kobDxcDembA

Das  Lehmbruck-Museum ist ein idealer Ort für diese mehrkanäligen Rauminstallationen.

Sehr empfehlenswert, weil knapp, übersichtlich und sehr informativ, ist der Katalog zur Ausstellung!

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