Was man alles mit Farbe machen kann

Cornelius Völker. Vom Erscheinen und Verschwinden der Dinge. Kunstpalast Düsseldorf

Cornelius Völker, Kerze mit Eingelegtem (Eingelegtes), 2021, Öl auf Leinwand, 200 x 150 cm, Privatsammlung, © Cornelius Völker / VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Christoph Münstermann, Düsseldorf

Wer sich für zeitgenössische realistische Malerei interessiert, kann eine Fahrt in den Kunstpalast nach Düsseldorf planen. Dort findet gerade eine Ausstellung mit Gemälden und Papierarbeiten von Cornelius Völker statt, ansässig in der Landeshauptstadt und Professor für Malerei an der Kunstakademie in Münster. Völkers Werk nimmt eine besondere Stellung in der aktuellen realistischen Malerei ein. Er entwirft keine Erzählpanoramen (wie in Bildern der Leipziger Schule oder im Werk Eric Fischls), sondern er widmet sich sehr alltäglichen Dingen: den Blumen, Hunden, Frisuren und anderem Allerlei. Er ist ein Maler des Nebenbei, der durch seine Malerei die Dingwelt aufwertet und ihren Status beschreibt. Pflanzen blühen, aber verwelken. Die Dingwelt ist den Ereignissen der Zeit unterworfen. Beachtenswert ist Völkers Malweise: Er malt so, dass man immer sieht, wie er malt: Er dokumentiert seine Handschrift mit dem Pinsel. Der Pinselstrich verrät den subjektiven Zugriff auf das Gemalte. Was manchmal wie eine Farbfotografie aussieht, entpuppt sich als Widerruf einer Illusion. Es scheint, als ob der Maler so näher an die Dinge herankommt, als es ein anderes Darstellungsmedium vermag. Dieser Wahrnehmungseindruck verstört den Betrachter im besten Sinn. Cornelius Völker war Student von Dieter Krieg, der auch Spaß an der Darstellung von Alltagsobjekten hatte. Die Ausstellung zeigt, wie sich ein Maler professionell entwickelt und zu neuen Wegen der malerischen Auseinandersetzung mit der unmittelbar erfahrbaren Wirklichkeit findet.

Die Ausstellung geht noch bis 7. Januar 2024

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Bernard

    „Die Ausstellung zeigt, wie sich ein Maler professionell entwickelt und zu neuen Wegen der malerischen Auseinandersetzung mit der unmittelbar erfahrbaren Wirklichkeit findet.“ Das hat mich interessiert. „Neue Wege“ – na ja?? Ein Maler entwickelt sich professionell – als Professor in Münster, als Provi, der verkaufen will, oder wie? Er findet zu „neuen Wegen der malerischen Auseinandersetzung mit der unmittelbar erfahrbaren Wirklichkeit“. Ist eine erfahrBARE Wirklichkeit unmittelbar? Sie ist ja wohl noch nicht erfahren worden, kann sie da schon /noch unmittelbar sein? Wunder über Wunder.
    Wir sollen uns interessieren für eine malerische Aktivität, die sich mit der nicht erfahrenen Wirklichkeit, die ist ja nur im Konjunktiv da, auseinandersetzt und dieser dadurch ihre Unmittelbarkeit nimmt – wohlgemerkt, die ist ja noch nicht erfahren, also noch nicht für uns.
    Halten diese Bilder solch schwerer Erkenntnistheoriehaubitze stand?
    Es war sicherlich keine Möglichkeit für den Betrachter&Kommentator, jene vom Münsteraner Professor ev. mit denen von Charles Niél in Zwolle zu vergleichen – „die rheinländische Kunstszene ist ein Klüngel und klüngelt“ – hört man immer wieder und auch O-Ton aus dem MoMA. Man hätte hier bei Gelegenheit von Niél und Völker einen Spannungsbogen, wenn nicht entdecken, so doch imaginieren können.
    Möglicherweise sind aber diese eher unbeholfenen Kommentare zu den Völker-Bilder und ihre Wirkungen auf betroffene Subjekte nur der Bote oder das Anzeichen von Neuem (auch wenn es das Alte ist). Steht eine Resurrektion der heute vielfach verkannten Stilleben der Amsterdamer Schule der goldenen Flamenzeit bevor? Jene brauchte die „Dingwelt“ nicht aufzuwerten, sie war sich des Wertes der Dingwelt bewusst. Statusfragen gab es nicht, solcher musste nicht beschrieben werden. Vielleicht noch ein Gedanke, den mein Geist beim Kommentar – „Er ist ein Maler des Nebenbei, der durch seine Malerei die Dingwelt aufwertet und ihren Status beschreibt. Pflanzen blühen, aber verwelken. Die Dingwelt ist den Ereignissen der Zeit unterworfen.“ – erarbeitete: Es ist eigentlich ganz banal, dass „die Dingwelt (. . . ) den Ereignissen der Zeit unterworfen (ist)“, denn jeder Maler flieht möglichst sein Werk vor `den Ereignissen der Zeit´, sei es in Glas, Firnis oder abgeschattete Räumen, in den Keller gar mit kontinuierlicher Raumklimaüberwachung.
    Eine „Aufwertung der Dingwelt“ kann doch nur dem in den Sinn kommen, der so recht den Bezug zu den Dingen dieser Welt verloren hat, zumindest in Attitüde und Lobgesang auf sein Tun.
    Die Kunstszene dreht sich um sich selbst und ist fürbaß erstaunt: „Auch Gegenstände, die gemeinhin als kaum malwürdig gelten, finden immer wieder Eingang in Völkers Werk“. Bücher, zumindest die Seiten derselben, aufgestapelt und Rücken an Rücken, seerosenähnliche Farbtupfer, vielleicht sind es auch besonders farbenfrohe Schmetterlinge bei der Balz, das alles „kaum malwürdig“? Sind denn die gemalten Bibliotheken der Renaissance, die ungemein vibrierenden Stilleben, in denen der Salamander ein Wachtelei aufknackt und ausschlürft, Äpfel den Wurm entlassen, dann später Seerosen in immer neuen Varianten eine ganze Malepoche charakterisieren, etwa nicht malwürdig? Haben sich die Alten an der Würde des Malens versündigt? Oder haben die modernen Kommentatoren kein Begriff von dem, was Malerei ist und wie sie ihr Sujet wählt?

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